Experten loben den Schwerter Wald: Mix aus Wirtschaft und Erholung möglich

Zur Diskussion in den Grünen Salon kamen die Experten Lutz Fähser, Dirk Bieker und Elmar Stertenbrink (v.l.). Foto: Nadine Przystow

Schwerte. Als Eigentümerin des Schwerter Waldes westlich und östlich der B236 stoppte die Stadt in diesem Jahr das Vorhaben des Landesbetrieb Forst, 2000 Festmeter Holz schlagen zu wollen. Die Grünen griffen dieses Thema am Donnerstag im Rahmen des Grünen Salons auf, um von außerhalb eine Einschätzung über die zukünftige Nutzung des Schwerter Waldes zu bekommen. Dazu luden sie drei Experten ein, die sich zunächst bei einer Begehung ein Bild machten und am Abend im Kulturhaus am Bahnhof über ihre Eindrücke sprachen. Eines wurde dabei ganz deutlich: Es muss nicht unbedingt eine Entscheidung zwischen Wirtschaftswald oder Erholungswald fallen – beides ist möglich.

Lutz Fähser, langjähriger Förster im mehrfach prämierten Lübecker Stadtwald, Dirk Bieker vom Naturschutzbund NRW und Elmar Stertenbrink, der ein Waldbewirtschaftungsunternehmen führt und schonende Alternativen zur maschinellen Holzernte anbietet, sie alle zeigten sich vom Schwerter Wald begeistert. Dieser sei tatsächlich ein Wald und kein Forst. Viele Bäume übersteigen das übliche Fällalter von 100 bis 120 Jahren. Schwerte habe hier eine „Mächtigkeit von Natur, ein Geschenk, das man pflegen muss“. Einen solchen Wald gebe es kaum noch.

Lächerlicher Gewinn

Viel Lob für den Schwerter Wald gab es von den unabhängigen Experten.

Schade, dass nicht mehr Bürgerinnen und Bürger die lobenden Worten hörten waren. Nur ein einziger saß zwischen den Vertretern der Grünen und Adrian Mork, der als Leiter des Fachbereichs IV Stadtplanung und Bauen für die Liegenschaften zuständig ist. Über die 50.000 Euro, die das Abholzen von insgesamt 400 Bäumen der Stadt eingebracht hätte, musste der unabhängige Gast lachen: „Da kann lieber jeder Schwerter 1 Euro zahlen.“

In diesem Zusammenhang machte Dirk Bieker darauf aufmerksam, dass die 2000 Festmeter nur der Anfang seien. Teile des Waldes sind ja bereits bewirtschaftet worden und wenn es in diesen Mengen so weitergehe, sei der Erholungsfaktor in 10 bis 20 Jahren weg und der Bestand alter Bäume stark reduziert. „Und das kommt in einem Menschenleben auch nicht mehr wieder“, fügt Lutz Fähser hinzu.

Informationen vor Ort: Vor dem Grünen Salon gab es einen Waldspaziergang.

Qualität statt Quantität

Adrian Mork sieht das ähnlich. Die Stadt habe das Moratorium insbesondere deshalb eingeleitet, weil es sich bei den für die Fällung markierten Bäume hauptsächlich um sehr alte Eichen und Buchen handelt, „die nur noch Brennholz-Qualität haben“. Eine solche „Mindernutzung“ sei nicht im Sinne der Verwaltung. Bei einer Bewirtschaftung soll nicht die Quantität im Vordergrund stehen. Wenn Holz aus dem Schwerter Wald geholt werden soll, dann für eine wertige Verwendung, am besten sogar auf lokaler Ebene.

Für die Entwicklung konkreter Zielsetzungen bezüglich der zukünftigen Nutzung des Waldes soll aber die Bürgerschaft miteinbezogen werden. Zwischen den beiden Extrema Wirtschaftswald und Naturwald gibt es viele Möglichkeiten: Von der gezielten Abholzung nicht heimischer Bäume über die Stilllegung einzelner Wildnis- oder Lernflächen im Rahmen von Förderprogrammen bis hin zur sogenannten Einzelstammnutzung. Adrian Mork kündigte an, die Vorschläge in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Infrastruktur, Stadtentwicklung und Umwelt der Politik vorzulegen. Der Rat der Experten ist in jedem Fall, das menschliche Einwirken auf das Minimum zu beschränken: „Wälder sind die letzten Refugien, die nicht Kultur, sondern Natur sind und sich selbst optimieren können“, so Lutz Fähser.

Print Friendly
Facebook Twitter Pinterest Linkedin Google + Email

Über den Autor